Das Echo um den Echo …

Jaa, der Echo 2018 schlägt hohe Wellen. Da bekommt ein konvertierter Muslim, der sich als „Battlerapper“ bezeichnet und mit antisemitischen Themenfeldern zumindest kokettiert, einen Preis und alle Welt fragt sich, wie das denn sein kann. Wo ist die Grenze? Zugleich feiert alle Welt nun Campino, der auf besagter Veranstaltung sagte, dass Antisemitismus und überhaupt Diskriminierung von Religionen eine Grenze darstellen. Soweit der verkürzte Stand der Dinge. Siehe auch diesen Link.

Und … mal wieder … geht sämtliche mediale Aufregung an den eigentlich interessanten Fragen vorbei.

1.) Darf Kollegah nen Preis bekommen?
Na klar darf er! Der Echo wird aufgrund von Verkaufszahlen verliehen. Und wenn der Kollege (hihi) mit seinem oralen Durchfall tonnenweise Umsatz macht, dann erfüllt der die Anforderungen eines Echo-Gewinners.

Was interessanter wäre zu fragen: WARUM macht der mit so nem Blödsinn so viel Umsatz? Also warum ist unsere Gesellschaft mittlerweile soweit, sowas nicht nur zu dulden, sondern das abzufeiern?

Geil Alda, der hat nen Rhyme mit Auschwitz. LOL!

Eine weitere wichtige Frage wäre: Welchen Sinn hat eigentlich der Echo überhaupt? Schon auf der Wikipedia Seite wird die Kontroverse um die Verkaufszahlen als Maßstab in Frage gestellt. Warum macht man die Kaspershow also eigentlich überhaupt?!

2.) Ist Religionsdiskriminierung ein No Go?
Es sei zuvor gesagt, dass ich mich mit dem Output Kollegahs nicht befasst habe… aus Gründen (Geschmack und so). Ich beziehe mich hier also auf das, was zu dem Aufschrei medial so durch die Sendezeiten waberte (was aufgrund der Qualität der Leitmedien potentielles Fettnäpfchen-Gebiet ist, ich weiß!). Ausgangspunkt war wohl eine Zeile sinngemäß „mein Körper definierter als ein Auschwitz-Insasse …“. Ok, das ist natürlich zum einen völlig bekloppt, historisch Blödsinn und rein poetisch nun auch kein Shakespeare.
Aber wenn Campino hier von Diskriminierung von Religionen redet, überspannt er, zumindest bei diesem Beispiel, den Bogen. Die Shoah richtete sich gegen ein Volk; dass die alle die gleiche Religion hatten, war eher Nebenkriegsschauplatz.
Klar, das ist Korinthengekacke und auch potentiell fehlinterpretierbar. Aber Campino sagte ja klar „Religionen“. Also lassen wir mal die jüdische Religion außen vor und schauen uns anderweitig um:

(mal das, was mir bei 30 Sekunden nachdenken so einfällt…)

– South Park macht sich über ALLE Glaubensrichtungen lustig.
– Wenn die Christenbands ihren Herrn als den einzig Wahren besingen, verletzen die dann nicht auch die Gefühle der anderen Religionen?
– Die gesamte Black Metal Szene lebt davon, das Christentum runterzumachen.
– Darwin, Nietzsche, Shelley, unameit …

Religionsdiskriminierung ist also ein recht beliebtes Mittel in der Kunst. Ziel ist meißt Provokation, diese führt dann zu Diskussion, im Idealfall vielleicht sogar zu Verständigung.

Auch wenn der Historiker in mir schreit, der Künstler verteidigt auch geschmacklose Anlehnungen an die Schoah. Denn ob man sowas sagen darf ist für mich auch die falsche Frage.

Vielmehr schließt sich der Gedanke an 1.) an: Warum wird einer, der so tief ins Klo greift und sich im „Jüdische Weltverschwörungsblabla“ Geseier wälzt, gekauft wie doof? Welche Kompetenzen der künstlerischen Reflexion der Konsumenten funktionieren denn da bitteschön nicht?!?

3.) Darf man sich über Kollegah aufregen?
Pseudokünstler mit schlechtem Geschmack gab es, gibt es, wird es immer geben. Dass der aber Echo-würdigen Umsatz macht, ist ein gesamtgesellschaftliches Zeichen. Die Rechnung, Kollegah verbieten, dann ist alles wieder gut, ist genauso typisch mensch (oder sogar typisch deutsch) wie sie falsch ist. Wenn wir eine Gesellschaft hätten, wie sie in den Köpfen der „Elite“ (hust) gewünscht ist, würde Kollegah keinen Erfolg haben und ein Nobody in nowhere sein.

Also wieder: Was muss passieren, was müssen wir tun, was muss gesellschaftlich, menschlich getan werden, damit man sich nicht über Kollegah aufregen oder ihn verbieten wollen muss, weil er schlicht keine Relevanz hat und genau so ein kleines Würstchen ist, wie er wahrscheinlich hat („ISCH BIN EIN BATTLERAPPER, EY ALDER!“ – deutliches Zeichen für Überkompensation)?

Fazit:
Der Echo für Kollegah hält uns allen einen Spiegel vor.

Wollen wir eine Gesellschaft sein, wo unliebsame Erscheinungen des Meinungsspektrums äonenlang medial thematisiert werden?

Oder wollen wir eine Gesellschaft, die fähig ist, die extremen Auswürfe des künstl … sorry! … Meinungsspektrums wie mündige Vertreter unserer Gattung zu behandeln, sodass die einfach keine Fans oder Anhänger bekommen, weil jeder weiß, dass die Quark erzählen? Schon bei Adolf war nicht der Eine, der gehetzt hat, das Problem, sondern die Vielen, die ihm zugestimmt haben.

In diesem Sinne
eighty

 

Update:

Ich habe mittlerweile entdeckt, dass „Battlerap“ nicht nur ein Machobegriff für zu kurz Geratene ist, sondern eine Strömung des HipHop darstellt, in der man um den besten Rhyme „battlet“. Wieder was gelernt.

Dass Kollegah trotzdem ein kleines Würstchen hat, ist recht deutlich. Wenn der nen angemessenen Prügel hätte, würde schon längst sein Sextape rotieren und er würde nicht nur darüber rappen, dass er bitches fickt, sondern wirklich bitches ficken und müsste das nicht jedem erzählen. Und Zeit, sich nächtelang durch Verschwörungstheorien zu klicken, hätte er so auch nicht. Q.e.d.